Georgenkirche

Herrscher, Heilige, Reformatoren und Komponisten gingen hier ein und aus…

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Die 1196 erstmals erwähnte Stadtkirche St. Georg ist ein Wahrzeichen, eines der dominantesten Gebäude Eisenachs und überragt mit ihrem Glockenturm weithin sichtbar die Innenstadt.
Die Kirche wurde um 1180 auf Veranlassung Landgraf Ludwigs III. als romanische Basilika ohne Turm errichtet und war seither die Hauptkirche der damals noch jungen Stadt Eisenach. Ihre Glocken hingen in einem separaten Gebälk unmittelbar neben dem Gebäude.
Eine hohe Bedeutung kam den Gotteshaus auch dadurch zu, da sich direkt südlich der Kirche (auf der heutigen Esplanade bzw. dem Avital-Ben-Chorin-Platz) die Stadtresidenz der Landgrafen, der sogenannte Steinhof, befand. Dort wurde wahrscheinlich vor allem in den Wintermonaten Hof gehalten, wenn es auf der zugigen Wartburg zu unkomfortabel wurde.
So kam es z.B., dass in der Georgenkirche der gerade erst 18jährige Landgraf Ludwig IV. am 8. Juli 1218 zum Ritter geschlagen wurde und selbiger dort im Jahr 1221 die ungarische Prinzessin (und spätere Heilige) Elisabeth heiratete.
Bestattet wurden die Ludowinger der Tradition nach in ihrem Hauskloster Reinhardsbrunn, jedoch sind ihre Grabplatten seit Mitte des 20. Jahrhunderts allesamt im Chorraum der Georgenkirche aufgestellt.


Zwischen 1498 und 1501 sang der junge Martin Luther, der zu dieser Zeit als Schüler der Eisenacher Lateinschule im der Stadt lebte, in der Kurrende der Georgenkirche.
Um 1515 erfolgte ein erster großer Umbau der Kirche nach den damals zeitgemäßen Formen der Gotik. Dabei wandelte sie ihre Form von der Basilika zur Hallenkirche, erhielt ihre heutigen Spitzbogenfenster, aber immer noch keinen Turm – auch wenn sie auf vielen Bildnissen Eisenachs in den folgenden Jahrhunderten häufig mit fiktiven Türmen dargestellt wurde. Stattdessen wurde 1585 der Glockenstuhl auf dem Marktplatz abgetragen und ein neues Glockenhaus am höchsten Punkt der Stadt, direkt neben dem Stadtmauerturm in der heutigen Domstraße, errichtet.

Zwar wurde Eisenach im Zuge der Reformation offiziell erst 1528 protestantisch, jedoch predigte Martin Luther schon am 2. Mai 1521 auf der Rückkehr aus Worms in der Georgenkirche, wodurch sie zu einem der ersten protestantischen Gotteshäuser überhaupt wurde. Nichtsdestotrotz hatte auch sie zunächst sehr unter den Wirren der Reformation zu leiden: 1525 wurden zahlreiche Eisenacher Klöster und Kirchen durch marodierende Bauern geplündert. Johannis- und Kartäuserkloster wurden gänzlich zerstört, der Dom unbenutzbar und später abgetragen und weitere Klöster (z.B. Nikolai-, Katharinen- und Dominikanerkloster) zumindest beschädigt. Die Georgenkirche trug so schwere Schäden davon, dass sie über Jahrzehnte nicht für Gottesdienste genutzt werden konnte. Bis 1561 wiederhergestellt, war sie danach eine der ersten nach lutherischen Vorstellungen gestalteten Kirchen.

Ab 1596 war Eisenach Hauptstadt des neuentstandenen Herzogtums Sachsen-Eisenach. Herzog Johann Ernst ließ daher zahlreiche Gebäude (z.B. das alte Schloss auf der Esplanade) errichten und 1614 auch die Georgenkirche umgestalten. Dabei wurde die Emporen mit ihren zahlreichen Bemalungen aus Bildern und Sprüchen versehen. 1672 erfolgte ein umfangreicher Umbau im Stil des Barock. Die Kirche erhielt dabei eine dritte Empore und die heutige Kanzel. Am 23. März 1685 wurde der später weltberühmte Komponist Johann Sebastian Bach in der Georgenkirche getauft. Mitglieder seiner Familie bespielten über 132 Jahre hinweg die Orgel der Kirche.

In den Jahren 1677 und 1678 spielte der Komponist Johann Pachelbel die Orgel der Georgenkirche; 1708 bis 1712 diente der Komponist Georg Philipp Telemann als Konzertmeister am Eisenacher Hof und erfüllte die Kirche zahlreiche Male mit seiner Musik.

Als Eisenach 1741 Teil des neuen Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach wurde, plante der neue Herzog Ernst August die Georgenkirche abreißen und durch eine neue, runde Kirche  ersetzen zu lassen, was letzlich an den Finanzen scheiterte.
Im Oktober 1817 begann das Wartburgfest der Deutschen Burschenschaften mit einem Festgottesdienst in der Georgenkirche und damit eine der ersten demokratischen Demonstrationen in der deutschen Geschichte.

In Erinnerung an den größten Sohn der Stadt wurde 1884 vor dem Eingang der Georgenkirche ein Denkmal für Johann Sebastian Bach errichtet, das von Adolf von Donndorf entworfen worden war. Selbiger entwarf für die Stadt beispielsweise auch das Lutherdenkmal auf dem Karlsplatz oder das verschwundene Bismarckdenkmal am Stadtpark. Das zweite Vergleichsbild zeigt das Denkmal vor der Georgenkirche, wo es bis 1938 stand, ehe es an seinen heutigen Standort vor dem Bachhaus versetzt wurde.

Ihren größten Wandel erfuhr die Georgenkirche wohl in den Jahren 1898-1902, als sie umfangreichen Veränderungen im Stil des Neobarock unterzogen wurde. Dabei wurden u.a. ihre Außenmauern erhöht, das Dach samt seiner zahlreichen Gauben umgebaut, ein großes Eingangsportal geschaffen (gut auf den beiden Vergleichsbildern zu erkennen) und die dritte Empore wieder entfernt. Der wichtigste Bestandteil dieser Maßnahme war jedoch der Bau ihres 62 Meter hohen Glockenturmes, der der Kirche bislang stets gefehlt hatte und der mit dem Aufzug der Glocken am 30. Juni 1902 (für die größte Glocke benötigten 68 Arbeiter nur 18 Minuten) vollendet werden konnte.

Von 1920 bis 2008 war die Georgenkirche die Haupt- und Bischofskirche der Thüringischen Landeskirche, ehe diese Teil der neugebildeten Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands mit Sitz in Erfurt wurde. In den Jahren 2012-14 erfolgte zuletzt eine grundhafte Sanierung des Kircheninnenraums.

Bilder:

Früher:
Sammlung Alexander Lambrecht
Ansichtskarte
ungelaufen, um 1910

Heute:
Alexander Lambrecht
Fotografie
16. September 2023

Früher:
Sammlung Alexander Lambrecht
Ansichtskarte
ungelaufen, um 1910

Heute:
Alexander Lambrecht
Fotografie
26. März 2023